Foto zeigt. Birgit und Mathias Mahnke von der "Nudel" in Zeitz.

Ateliers, Ausstellungsräume und Platz für Firmenseminare: Seit 2016 verwandeln Birgit und Mathias Mahnke die alte Nudelfabrik in Zeitz Stück für Stück in einen lebhaften Kreativort. Ein Gespräch über einen geschichtsträchtigen Ort – und wie man ihn am Leben hält.

Herr Mahnke, wie sind Sie zur alten Nudelfabrik in Zeitz gekommen?

Mathias Mahnke: Ich bin seit 30 Jahren Unternehmensberater und habe zudem viel Erfahrung im Bereich Immobilien gesammelt. Ich habe schon mit meinem ersten Gehalt angefangen, in Immobilien zu investieren, viel saniert und vermietet. Gemeinsam mit meiner Frau habe ich Ferienhäuser und Plattenbauten aufgearbeitet und bin schließlich bei Industriegebäuden angekommen. Zunächst haben wir zwei Immobilien in Leipzig gekauft – in Zeitz und in der Nudelfabrik sind wir eher zufällig gelandet.

Wie stolpert man „zufällig“ über ein Fabrikgebäude?

Ein Abrissunternehmer wollte 2016 die Nudelfabrik zu einem Gelände für Parkplätze machen, hat aber finanziell nicht solide geplant. Wir haben das mitbekommen und das Gelände gekauft. Die Voraussetzungen waren ideal: gute Bausubstanz, die Nähe zu Leipzig und der Standort in einer Stadt, die nicht zu Tode spekuliert worden war. Denn: Wer mit Immobilien spekuliert, nutzt diese in der Regel nicht, sondern wartet, bis der Marktpreis steigt und verkauft, der nächste Besitzer macht es genauso – und die Gebäude verfallen. Unser Ansatz ist ein anderer: Wir wollen die Objekte erhalten, und zwar so nah am Originalzustand wie möglich. 

Wie nutzen Sie die Nudelfabrik?

Einmal als Ort für Künstlerinnen und Künstler, die arbeiten und ausstellen wollen, aber auch als Ort für größere Gruppen, zum Beispiel Firmen, die hier gemeinsame Workshops oder auch Seminare durchführen. Außerdem haben wir das Thema Virtual Reality vorangetrieben. In der „Nudel“ finden zum Beispiel Schulungen mit Firmen statt, und wir betreiben auch eine Forschungspartnerschaft mit der Universität Leipzig. 

Wieso ist die Nudelfabrik für so viele verschiedene Zielgruppen attraktiv?

Als altes Industrieobjekt bietet das Gebäude den Platz, den sie brauchen. Kunstschaffende können bei uns Arbeiten in Dimensionen anfertigen, die sie sonst im Atelier nicht unterbringen können: Ein Kunstwerk, das bei uns entstanden ist, etwa vier mal sieben Meter groß, hängt jetzt in der Lobby eines Hotels im alten Leipziger Postamt. Firmen kommen zu uns, weil wir 120 bis 150 Personen unterbringen können, die hier nicht nur arbeiten, sondern auch gemeinsam kochen und ihre Freizeit verbringen wollen. Die Fabrikräume bilden darüber hinaus die perfekte Basis für großflächige VR-Simulationen – ein weiterer großer Vorteil der „Nudel“. Wir sind ein bisschen anders als die meisten anderen Orte.

Wie saniert man ein Gebäude, das so vielfältig genutzt wird?

Bei jedem Objekt, das wir sanieren, folgen wir einem Prinzip: Die Geschichte des Gebäudes soll sichtbar sein, von außen und von innen. Die ehemalige Poliklinik auf dem Areal der „Nudel“ wurde zum Beispiel vor unserer Zeit als Bürogebäude genutzt. Wir haben dann abgehängte Decken und nachträglich verlegte Teppichböden wieder entfernt, aber andere Umbauten beibehalten, wie hochwertige Kacheln aus den 90-Jahren oder Einbauschränke und Beleuchtung aus DDR-Zeiten. Als wir die Tapeten von den Wänden genommen haben, entdeckten wir darunter tolle Farben und Muster. Wir erhalten alles, was wir können: alte Lampen, alte Heizkörper. Dafür streiten wir, wenn es sein muss, auch mal mit den Handwerkern. Man sollte sich genau überlegen, ob man ein historisches Element wirklich herausreißen will. Die Poliklinik wurde auf unser Bestreben auf die Denkmalschutzliste gesetzt – darauf sind wir auch ein bisschen stolz.

Worauf kommt es Ihrer Meinung nach an, wenn man einen neuen Kreativort schaffen will – gerade außerhalb der großen Städte?

Ich glaube, man muss vom Objekt aus denken. Wenn Sie ein neues gefördertes Gebäude in einen Ort wie diesen setzen, wird das immer ein Fremdkörper bleiben. Um in der Fläche des Landes etwas zu entwickeln, ist der historische Aspekt entscheidend. Industriebauten haben große Vorteile: Sie sind funktional, geräumig, bieten gute Schallisolation und lassen viel Licht hinein. Wenn man solche Gebäude schonend saniert und ihre Geschichte erhält, ist das ein guter Anfang. Da haben Förderprojekte meiner Meinung nach oft Probleme: Wer Bauförderung bekommt, muss in Schemata passen und viele Auflagen erfüllen. Dadurch ist es schwer, wirtschaftlich nachhaltige Orte zu schaffen.

Und zum Schluss: Was können Gebäude wie die „Nudel“ für Städte wie Zeitz leisten?

Wer einen spannenden Ort schafft, bringt Menschen in die Gegend, die sonst nie dort hingekommen wären. Kaum eine Firma würde auf die Idee kommen, für ihre Offsite-Veranstaltung eine Location in Zeitz zu suchen. Kein VR-Forscher würde nach Zeitz kommen, wenn die Uni Leipzig die Nudelfabrik nicht als Forschungsstandort nutzen würde. Die Menschen kommen zu uns und entdecken dann die Stadt von der Nudelfabrik aus. So können wir dazu beitragen, Zeitz auf die Landkarte zu bringen. 


Mehr über die alte Nudelfabrik, Angebote für Firmen und Kreative gibt es unter www.nudelfabrik.eu.

Foto: Mathias Mahnke/ Nudelfabrik

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