Eine erfolgreiche Lern-App, zahlreiche Preise und ein Auftritt bei der prestigeträchtigen SXSW-Konferenz in den USA: Mit erst 19 Jahren hat der Hallenser Stefan Neuber schon viele Erfolge gefeiert. Ein Gespräch über Erfindergeist, die Leidenschaft am Lernen und den Spagat zwischen Gründer- und Studentendasein.
Stefan, nehmen wir einmal an, jemand hat noch nie von deinen Arbeiten gehört. Was sollten wir uns zuerst ansehen?
Stefan Neuber: Mein größtes Projekt ist sicher MatheX. Das ist eine sprachbasierte Lern-App, mit der Grundschülerinnen und Grundschüler personalisiert Mathematikinhalte lernen können. Ich habe aber zum Beispiel auch eine Virtual-Reality-Fitness-App, einen Online-Vokabeltrainer und eine Hörbuch-Software entwickelt. Mit MatheX habe ich in der zehnten Klasse angefangen, mittlerweile werden meine Anwendungen insgesamt von mehr als 30.000 Menschen weltweit genutzt.
Siege bei „Jugend forscht“, „Jugend gründet“ und ein Nachwuchspreis aus den USA: Mit 19 Jahren hast du national wie international renommierte Preise gewonnen. Wie wird man als Schüler aus Sachsen-Anhalt zum Forscher, Entwickler – und Unternehmensgründer?
Ich habe mir das Programmieren mit Videos im Internet selbst beigebracht – einfach, weil ich Interesse daran hatte. Ich wollte immer schon lernen und herausfinden, was alles möglich ist, und ich finde es unglaublich spannend, Probleme zu lösen. Ich glaube, man braucht Neugier, Begeisterung – und das Durchhaltevermögen, über hunderte Stunden die eigenen Ideen zu entwickeln.
Aus deiner Mathe-Lern-App MatheX willst du ein eigenes Unternehmen machen. Wie sieht dieser Prozess für dich aus?
In den Anfängen von MatheX habe ich mich vor allem darauf konzentriert, die Technologie zu entwickeln und auf Basis von Nutzerfeedback die App immer weiter auszubauen und mehr Menschen zur Verfügung zu stellen. In den kommenden Monaten will ich MatheX als Kapitalgesellschaft gründen. Deshalb beschäftige ich mich gerade mit vielen Fragen. Zum Beispiel: Wie kann ich MatheX nachhaltig refinanzieren? Funktioniert das vielleicht über Lizenzmodelle an Schulen?
Du studierst Informatik am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, arbeitest aber auch weiter an deinen eigenen Projekten. Wie bringst du ein forderndes Studium und die Unternehmensgründung unter einen Hut?
Ich arbeite viel in Sprints, widme mich also in bestimmten Zeiträumen sehr intensiv einer Aufgabe. In den vergangenen Wochen habe ich zum Beispiel an einem großen Update für MatheX gearbeitet und mich voll und ganz darauf konzentriert. Dann gibt es Phasen, in denen ich mich komplett der Uni widme und nur das Nötigste für MatheX mache. Ich glaube, das Wichtigste ist, sich zu fokussieren und Prioritäten zu setzen.
Weißt du schon, was du mit deinem Studienabschluss später machen willst?
Die Start-up-Szene interessiert mich sehr. Mein Studium bietet mir die Sicherheit und Flexibilität, die ich dafür brauche. Ein Umfeld von Menschen mit ähnlichen Interessen ist meiner Meinung nach die Umgebung, mit der meisten Motivation, die man für sich selbst schaffen kann. Deswegen habe ich mich überhaupt entschieden, zu studieren.
Du hast nach dem Abitur ein Jahr in den USA verbracht und bist immer noch oft dort. Wie beeinflussen diese Eindrücke dich als Gründer in Deutschland?
Das Auslandsjahr in den USA war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich war in Nordkalifornien, also sehr nah an den technologischen Hotspots des Landes. Was ich von dort mitgenommen habe, ist eine grundsätzliche Einstellung: Einfach machen. Nicht davor zurückschrecken, dass man scheitern könnte. Dieser Unternehmergeist beeinflusst mich nach wie vor.
Was würdest du anderen raten – vor allem auch jungen Menschen, die in Sachsen-Anhalt ein Unternehmen gründen wollen?
Heutzutage haben wir viele Möglichkeiten, uns von überall aus weiterzubilden und spannende Projekte zu realisieren. Meine Gründungsgeschichte hat mit einem lokalen Wettbewerb in Sachsen-Anhalt angefangen – da bekommt man sehr viel Unterstützung. Es kann nie schaden, sich einfach auszuprobieren, denn nur so sieht man, ob die eigenen Ideen funktionieren.
Mit MatheX warst du zum Beispiel beim BESTFORM-Wettbewerb 2021 dabei. Was bedeuten solche Preise für junge Forschende, Gründende und Kreative?
Preise wie BESTFORM zwingen uns dazu, uns intensiv mit bestimmten Aspekten unserer Ideen auseinanderzusetzen, über die wir sonst nicht in dieser Tiefe nachdenken würden. Deshalb sind Wettbewerbe auf der einen Seite eine tolle Learning Opportunity, auf der anderen Seite schaffen sie Reputation, von der man lange profitiert. Gerade im Bildungsbereich ist es wichtig, dass ich Schulen und Institutionen zeigen kann: Hinter diesem Projekt steckt Substanz. Da hilft eine Auszeichnung wie bei BESTFORM sehr.
Wie geht es für dich weiter? Was sind deine nächsten Ziele, sowohl im Studium als auch als Gründer und Entwickler?
Ich möchte, dass meine Arbeit langfristig einen Impact hat. Mit MatheX möchte ich möglichst vielen Menschen helfen – dafür brenne ich, das treibt mich an. Ich kann kaum abwarten, wo ich in ein oder zwei Jahren mit meinen Ideen stehe.
Foto: HPI Maker Space